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Anwaltskanzlei Hollmich

in Nauen und Brandenburg an der Havel

SG Trier, 18.03.2021, S1 U95/19

Das Dekorieren eines ehren­amt­lichen Bürger­meisters ist keine ver­sicherte Vor­bereitungs­handlung

Das Dekorieren des häuslichen Wohnzimmers eines ehrenamtlichen Ortsbürgermeisters anlässlich des „Weibersturm“ an Weiberfastnacht ist keine versicherte Vorbereitungshandlung im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung.

In der Ortsgemeinde, dessen ehrenamtlicher Bürgermeister der Kläger ist, ist es Brauch, dass die Möhnen am „Weiberdonnerstag“ durch die Straßen ziehen und den Übergang zur Straßenfastnacht einläuten. So findet auch ein sogenannter „Weibersturm“ statt. Die Möhnen kommen an diesem Tag ins Haus des Ortsbürgermeisters, da dieser in seiner Ortsgemeinde über kein Dienstzimmer verfügt, um ihm die Krawatte abzuschneiden.

Dekorieren gehört nicht zum Kernbereich eines Bürgermeisters

Der Kläger stürzte am Samstag vor Weiberdonnerstag, als er sein Wohnzimmer für den „Weibersturm“ mit Girlanden schmücken wollte, ca. 80 cm tief von der Leiter und verletzte sich. Die beklagte Unfallkasse Rheinland-Pfalz lehnte die Anerkennung des Unfalls als Versicherungsfall ab. Die Klage vor dem SG Trier blieb erfolglos. Der Kläger gehört als ehrenamtlicher Bürgermeister zwar grundsätzlich zu dem von §2 Abs. 1 Nr. 10a SGB VII erfassten versicherten Personenkreis. Die unfallverursachende Tätigkeit – das Schmücken des Wohnzimmers anlässlich des „Weibersturm“ an Weiberfastnacht – stand aber nicht in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Kernbereich der versicherten (ehrenamtlichen) Tätigkeit.

Vorbereitungshandlungen sind nicht versichert

Der „Weibersturm“ der Möhnen und das Abschneiden der Krawatte des Ortsbürgermeisters an Weiberdonnerstag sind zwar dem Brauchtum der Eifelgemeinde und die Mitwirkung des Ortsbürgermeister als Brauchtumspflege seinen Repräsentationspflichten zuzurechnen. Der Unfall ereignete sich aber nicht bei dem „Weibersturm“, sondern bereits zuvor beim Schmücken des Wohnzimmers. Bei dieser Vorbereitungshandlung stand der Kläger nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

„Weibersturm“ fehlt Zusammenhang zur Tätigkeit

Vorbereitungshandlungen, die einer versicherten Tätigkeit vorangehen, werden dann vom Versicherungsschutz erfasst, wenn sie für die versicherte Tätigkeit notwendig sind und in einem sehr engen sachlichen, zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Hier fehlte es bereits an der Notwendigkeit, denn der „Weibersturm“ und das Abschneiden der Krawatte wären auch ohne jeglichen Schmuck – wie auch in Amtszimmern üblich – möglich gewesen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 3/2021 des SG Trier vom 22.03.2021

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